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Nachhaltigkeit vs. Renditen – kann man beides haben?

Eine Antwort auf die Frage, ob nachhaltiges Investieren den Verzicht auf Rendite bedeutet, aus der Perspektive von Willem Schramade.

14.02.2023
Picture of a slice of cake on a table.

Authors

Willem Schramade
Head of Sustainability Client Advisory

„Es gibt nichts umsonst“ und „Man kann nicht alles haben.“ In vielen Sprachen gibt es solche Redewendungen, die besagen, dass Vorteile für gewöhnlich mit Kosten verbunden sind. Diese Art von Skepsis gilt auch für nachhaltiges Investieren. So fragen sich unsere Kunden immer wieder: Geht nachhaltiges Investieren auf Kosten der Rendite?

Die kurze Antwort lautet nein. Wissenschaftliche Belege (siehe beispielsweise die Metastudien von Friede et al. [2015] und Atz et al. [2022]) zeigen, dass nachhaltiges Investieren die finanziellen Renditen in der Regel nicht beeinträchtigt. Das beruhigt die Kunden jedoch nicht. Und die differenzierte Antwort lautet: Es kommt darauf an. Ja, nachhaltige Anlageansätze können die Risiko-Rendite-Profile durch besseres Risikomanagement, bessere Fundamentalanalysen und/oder günstigere Faktor-Engagements positiv beeinflussen. Sie können die Risiko-Rendite-Profile aber auch beeinträchtigen, wenn das Anlageuniversum übermässig eingeschränkt wird. Dies hängt sehr stark von den jeweils eingesetzten Zielen und Methoden ab.

Oft ist die Rede von nachhaltigen Anlagemethoden (Ausschlüsse, ESG-integrierte Fundamentalanalyse usw.) und den verwendeten Daten, und hier gibt es tatsächlich viel zu diskutieren. Aber es wäre schade, die Ziele zu übergehen. Der römische Philosoph und Staatsmann Lucius Seneca wird mit den Worten zitiert: „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Auch beim nachhaltigen Investieren muss man wissen, wo man hin will, um ans Ziel zu gelangen.

Nachhaltige Investitionen verfolgen in der Regel zwei Arten von Zielen, die beide unterschiedlich stark ausgeprägt sind, von nicht existent bis sehr ambitioniert. Sie können in unterschiedlichem Masse kombiniert werden:

  1. Nachhaltigkeit als Mittel zur Erzielung finanzieller Ergebnisse (darum geht es zumeist bei der ESG-Integration); und
  2. Nachhaltigkeit als Selbstzweck: Erzielung besserer sozialer und ökologischer Ergebnisse, wobei die Kunden ganz bestimmte Resultate nach Wunsch festlegen können.

Immer öfter möchten institutionelle Anleger in beiderlei Hinsicht ambitioniert sein. Dieses doppelte Renditeziel erwähnte ich bereits in meinem vorherigen Blog. Zwischen diesen beiden Zielen besteht kein einfacher Zusammenhang: Manchmal verstärken sie sich gegenseitig, in anderen Fällen muss man Kompromisse eingehen.

Beginnen wir mit dem ersten Ziel. In seiner oberflächlichsten Form geht es lediglich darum, die Interessengruppen und Aufsichtsbehörden zufriedenzustellen – und Reputationsschäden zu vermeiden. Ein besseres Risikomanagement ist bereits ein ehrgeizigeres Unterfangen. Die ambitionierteste Variante besteht darin, ein besseres Verständnis und Management von Risiken, Chancen und Renditen zu erreichen, und zwar auf eine Weise, die Daten und grundlegende zukunftsgerichtete Analysen miteinander kombiniert. Dadurch können die Risiko-Rendite-Profile tatsächlich stark verbessert werden.

Die zweite Dimension, Nachhaltigkeit als Selbstzweck, ist ebenfalls mit unterschiedlichen Ambitionen verbunden. Hier beginnt das Spektrum damit, überhaupt keine derartigen Ziele zu verfolgen, aber die meisten sind zur nächsten Stufe übergegangen: das Ziel, die stärkste Beeinträchtigung zu vermeiden, etwa durch den Ausschluss von Firmen, die gegen den UN Global Compact verstossen, die weltweit grösste freiwillige unternehmerische Nachhaltigkeitsinitiative. Anleger können sich jedoch für strengere Ausschlüsse entscheiden. Darüber hinaus wollen sie ihre Investitionen möglicherweise gezielt auswählen, um Gutes zu tun, indem sie positive Auswahlkriterien formulieren. Dies kann auf mindestens zwei Arten erfolgen.

Die naheliegende Methode sind Investitionen, die sich nachweislich positiv auswirken: eingestuft nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) – mit nachhaltigen Investitionen als Kernziel.

Der weniger direkte Weg ist die Beteiligung an Unternehmen, die einen negativen Beitrag zur sozialen oder ökologischen Wertschöpfung leisten, sich jedoch dazu verpflichten, ihren Beitrag durch aktives Engagement stark zu verbessern.

Letzteres wäre nicht mit Artikel 9 vereinbar, könnte jedoch in die von der britischen Financial Conduct Authority geplante Kategorie der „Sustainable Improvers“ fallen (wobei der endgültige Text dieser Verordnung noch aussteht). Und was die Frage der Renditen betrifft: Derartige Strategien haben sowohl laut der firmeneigenen als auch der wissenschaftlichen Forschung (siehe zum Beispiel Dimson et al., 2015) nachweislich Alpha generiert.

Obwohl sich bei Investments nach Artikel 9 je nach Ausgestaltung ebenfalls ein positives Alpha ergeben kann, können solche Produkte auch einen Verzicht auf Renditen oder zumindest die Inkaufnahme höherer Risiken beinhalten: Denken Sie an ethische Investmentfonds, deren Anlagekriterien so streng sind, dass ihr Universum übermässig eingeschränkt wird; oder Impact-Investitionen in Private-Equity-Produkte mit einstelligen internen Renditen (IRR) bei zweistelligen IRR-Risikoniveaus, da sie sich die Erträge mit der örtlichen Bevölkerung teilen. Das mag in sozialer Hinsicht Positives bewirken, gehört aber nicht zum Auftrag eines Pensionsfonds. Immerhin könnte sich dieser Vorschlag für einige Privatanleger oder vermögende Privatpersonen (HNWI) eignen, die bereit sind, für eine (viel) grössere Wirkung auf Renditen zu verzichten.

Die Herausforderung besteht darin, zu erkennen, wo Sie (und Ihre Kunden) im Hinblick auf diese beiden Zieldimensionen stehen. Die oben genannten Pensionsfonds möchten beide Ziele ambitioniert umsetzen; sie streben positive soziale und ökologische Ergebnisse an, zum Beispiel das Netto-Null-Ziel, ohne die finanziellen Renditen zu vernachlässigen.

Sobald die Ziele geklärt sind, kann man sich den anderen Fragen zuwenden: Wie lassen sich die Ziele operationalisieren? Wie definiert man Erfolg? Welche Strategien werden eingesetzt? Welche Kompromisse sind erforderlich? Was sind die Massstäbe? Mit welchen Daten? Wie kommuniziert man mit den Beteiligten? Wie erklärt man ihnen, dass Sie gar nicht auf Renditen verzichten, auch wenn es so aussieht?

Der Leiter eines kanadischen Pensionsfonds drückte es ungefähr so aus: „Wir verzichten bei nachhaltigen Investitionen nicht auf Renditen, da es dem Auftrag eines Pensionsfonds widersprechen würde, auf Renditen zu verzichten. Der Anlagehorizont ist entscheidend: Unser Mandat besteht darin, in den nächsten 50 Jahren gute Renditen zu erwirtschaften. Deshalb müssen wir in zukunftsfähige Geschäftsmodelle investieren. Manchmal scheint es, als würden wir auf Renditen verzichten, obwohl wir in Wirklichkeit die langfristigen Risiken mindern, was auf Kosten der kurzfristigen Erträge geht. Tatsächlich stellen negative Externalitäten Short-Positionen in Unternehmen dar, was häufig nicht erkannt wird, weshalb das Risiko unterschätzt wird.“

Der vermeintliche Zielkonflikt zwischen nachhaltig geführten Unternehmen und den Renditen, die sie abwerfen, ist verfehlt. Es ist in der Tat schwer vorstellbar, wie sich Renditen erwirtschaften lassen, ohne die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, da diese Nachhaltigkeitsherausforderungen ihrerseits Risiken, Chancen sowie politische und soziale Eingriffe mit sich bringen. Dies unterstreicht, wie wichtig die Modelle von Schroders zu externen Effekten sind. Sie sind Teil unserer Bemühungen, die Auswirkungen nachhaltiger Anlagen auf das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite zu verstehen, insbesondere wenn die Daten unscharf sind, und dennoch einen soliden Prozess der Portfoliokonstruktion anzuwenden. Das ist kein triviales Unterfangen. Denn in diesem Sinne gibt es tatsächlich nichts umsonst.

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