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Neustart der Globalisierung: Welche Volkswirtschaften und Märkte dürften profitieren?

Wir untersuchen, welche Volkswirtschaften und Aktienmärkte von der Verlagerung der globalen Fertigung weg von China profitieren dürften.

05.06.2023
deglobalisation

Authors

Andrew Rymer
Investment-Redakteur
David Rees
Senior Emerging Markets Economist

Nach dem letzten globalen Konjunkturzyklus und im Zuge des Regimewechsels widmen die Märkte und Anleger ihre Aufmerksamkeit zunehmend einem Thema. Es wird mit Begriffen wie „Nearshoring“ (Nahverlagerung), „Reshoring“ (Rückverlagerung), „Onshoring“ (Inlandsverlagerung), Lieferkettendiversifikation, „Friendshoring“ (Beschränkung des internationalen Handels auf Länder mit gemeinsamen Werten), „Slowbalisation“ (Verlangsamung der globalen Integration), „De-Globalisation“ (Deglobalisierung) und sogar „Re-Globalisation“ (Reglobalisierung) beschrieben.

Welchen dieser Begriffe auch immer man gebraucht, sie alle beinhalten in der einen oder anderen Form eine potenzielle Umwälzung des Globalisierungszeitalters, das in den frühen 1990er-Jahren mit aller Macht begann. Die einzelnen Produktionsstufen aufzuteilen und sie oft in andere Volkswirtschaften und Regionen zu verlagern, bot Vorteile wie niedrigere Kosten, Grössenvorteile, Spezialisierung und höhere Effizienz. Die Globalisierung hat die industrielle Produktion grundlegend verändert. China ist so dominant geworden, dass es oft als die Werkbank der Welt bezeichnet wird.

Die globale Covid-19-Pandemie legte einige der Risiken und Schwachstellen dieses Ansatzes offen. Die Lockdowns in China im Jahr 2020 läuteten eine mehrjährige von Disruption, Verlagerung und Engpässen geprägte Phase der Weltwirtschaft ein. Die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China im Vorfeld der Pandemie verstärkten diese Risiken nur.

Eine natürliche Reaktion multinationaler Unternehmen (MNU) besteht darin, ihre Lieferketten zu diversifizieren und sicherer zu machen. In der Anfangsphase der Globalisierung standen Effizienz und Kosten an erster Stelle. Nun verlagert sich der Fokus auf Resilienz und Zuverlässigkeit. Jetzt, wo China das Zentrum der globalen Fertigung bildet, stellt sich den Anlegern die Frage, welche Volkswirtschaften und Aktienmärkte wohl von der potenziellen Erschütterung und Neugestaltung der Globalisierung profitieren werden. Angesichts der Dominanz von China dürfte jede Änderung auf eine Verlagerung der Lieferketten weg von China hinauslaufen.

Welche Volkswirtschaften könnten von der Umgestaltung oder Diversifikation der Lieferketten profitieren?

Gemäss unserem Research – dessen Einzelheiten der hier erhältlichen vollständigen Studie entnommen werden können – sind die 20 führenden Volkswirtschaften überwiegend Schwellenländer

Neustart der Globalisierung

Unsere Scorecard deutet darauf hin, dass Indien für MNU, die ihre Fertigung diversifizieren möchten, das attraktivste Land ist. Es wird erwartet, dass es im Jahr 2028 die grösste Erwerbsbevölkerung haben wird. Hinzu kommen relativ niedrige Arbeitskosten und eine relativ hohe Produktivität – Letztere allerdings auf gesamtwirtschaftlicher Ebene. Bei handelbaren Gütern wie Industriegütern ist die Produktivität schwer zu ermitteln – wahrscheinlich ist sie niedriger. Im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit schneidet Indien jedoch schlecht ab.

Vietnam ist die Nummer zwei. Relativ niedrige Lohnkosten, eine wettbewerbsfähige Produktivität und eine grosse Erwerbsbevölkerung machen das Land zu einem attraktiven Standort, auch wenn die unternehmerische Freiheit zu wünschen übrig lässt. Südkorea belegt einen vorderen Patz, da es in puncto unternehmerischer Freiheit und Produktivität gut abschneidet. Die Nachbarländer Thailand und Indonesien gehören dank ihrer niedrigen Lohnkosten und ihrer günstigen Demografie ebenfalls zu den Top 20.

Das gilt auch für die Frontier-Märkte Bangladesch, Kenia und Pakistan – ebenfalls weitgehend aufgrund ihrer relativ niedrigen Lohnkosten und ihrer günstigen Demografie.

Mittel- und osteuropäische Länder gehören ebenfalls zu den attraktivsten 20 Volkswirtschaften. Die Region wird von Polen angeführt, aber auch Deutschland, Rumänien, die Tschechische Republik, Litauen und Ungarn sind in den Top 20 präsent. Die meisten dieser Volkswirtschaften verdanken ihr gutes Abschneiden massgeblich ihrer Produktivität. Die unternehmerische Freiheit ist ebenfalls ein Pluspunkt.

Mexiko, das oft mit Nearshoring in Verbindung gebracht wird, steht an 17. Stelle. Das Land profitiert vor allem von seinen wettbewerbsfähigen Löhnen und demografischen Vorteilen. Auch Deutschland und die USA sind relativ hoch platziert. Hier macht das hohe Mass an unternehmerischer Freiheit die höheren Arbeitskosten wett.

Natürlich hat ein Scorecard-Ansatz seine Grenzen, die wir in der Studie erörtern. Beispielsweise ist die Nähe Mexikos zu den USA nicht berücksichtigt.

Welche Märkte könnten am meisten profitieren?

Die Chancen unterscheiden sich von Markt zu Markt. In den Industrieländern könnten sich eher Chancen im Bereich der intelligenten Fertigung eröffnen, an der Schnittstelle zwischen Fertigung und Technologie. Die Schwellenländer und Vietnam (für Aktienanleger ein Frontier-Markt) könnten dagegen eher aufgrund ihrer relativ arbeitsintensiven Fertigung aussichtsreich sein.

Wohl gemerkt: Wenn China in diesem Diagramm enthalten wäre, rangierte es in diesem zentralen Segment. Das unterstreicht Chinas anhaltende Attraktivität als Fertigungsstandort, auch wenn einige MNU vielleicht ihre Abhängigkeit von China verringern möchten.

Die nachstehende Abbildung zeigt die Aktienmärkte, die von den folgenden drei Merkmalen profitieren dürften:

– einem Top-20-Ranking in unserer volkswirtschaftlichen Beurteilung

– Aktien, die potenzielle Nutzniesser sind

– der Eignung für eine teilweise diversifizierte Strategie: mehr als zehn Aktien in einem Index

Alle drei Kriterien erfüllen Südkorea, Deutschland, Indien, Indonesien, Mexiko, Polen, Taiwan, Thailand, USA und Vietnam.

Neustart der Globalisierung

Wie können Sie diese potenziellen Chancen nutzen?

Die Neugestaltung der Globalisierung ist ein Thema, auf das sich aktive Manager im Schwellenländerbereich gut einstellen sollten. Die meisten Märkte auf der Gewinnerliste sind Schwellenländer, und zumindest in der Theorie können die mit diesem Thema verbundenen Aktien mit einem aktiven Ansatz detailliert analysiert und gefiltert werden. Das eröffnet auch die Möglichkeit zu benchmarkfremden Engagements innerhalb eines Landes, in dem es Anlagegelegenheiten ausserhalb der üblichen Vergleichsindizes gibt. Ausserdem können sich in Frontier-Märkten – in diesem Fall in Vietnam – aussichtsreiche benchmarkfremde Engagements anbieten. Branchenüberlegungen können sinnvoll sein, aber titelspezifische Faktoren und Bewertungen sollten ebenfalls beachtet werden. In letzter Zeit stand dieses Thema im Rampenlicht. Daher besteht das Risiko, dass einige Aktienkurse die zukünftige Chance bereits widerspiegeln.

Das ist insbesondere ein Gebiet, auf dem eine aktive Titelauswahl Mehrwert schaffen kann: durch die Beurteilung der – unter anderem aufgrund dieses Trends – aussichtsreichen Unternehmen aus aller Welt und eine gute Diversifikation unter Berücksichtigung von Liquiditäts- und Zugangsbeschränkungen. Wichtig ist auch die Flexibilität, ausserhalb des Vergleichsindex Anlagegelegenheiten wie kleinere und mittelgrosse Unternehmen sowie Frontier-Märkte wie Vietnam wahrzunehmen.

Die Deglobalisierung dürfte ein langfristiges, mehrjähriges Thema sein. Es wird sich auf die einzelnen Länder, Sektoren, Branchen und Titel unterschiedlich auswirken. Unser Research bietet den Anlegern einen Rahmen und Ausgangspunkt für ein detailliertes Verständnis. Weitere Arbeiten werden folgen. Wie der Rang Chinas in unserer Scorecard zeigt, deutet unser Research nicht darauf hin, dass die chinesische Wirtschaft ihren Höhepunkt überschritten hat. Klar ist jedoch, dass der Regimewechsel einen Wandel in der Weltwirtschaft einläutet, der sich auf die Volkswirtschaften und Märkte auswirken wird.

Erfahren Sie mehr in unserer vollständigen Studie, die hier erhältlich ist:

Globalisation reset: which economies and markets stand to benefit?

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