Die Komplexitätsprämie bei privaten Schuldtiteln

Bei privaten Schuldtiteln profitieren diejenigen am meisten von der Komplexitätsprämie, die bereit sind, die Ärmel hochzukrempeln und sich an die Arbeit zu machen.

01.10.2021
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Private Schuldtitel machen auf den ersten Blick einen homogenen Eindruck. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Anlageklasse, in der Manager durch Komplexität definiert und differenziert werden.

Bei gesunden, im Gegensatz zu notleidenden Schuldtiteln sollten beispielsweise Inhaber der gleichen Kreditkategorie (d. h. erstrangiges Pfandrecht, zweitrangiges Pfandrecht usw.) doch damit rechnen können, eine weitgehend gleichwertige Prämie zu erzielen, oder?

Nein, ganz so ist es nicht.

Im Folgenden erklären wir die Renditen privater Schuldtitel, wo Kompetenz besonders wichtig ist und worin die meiste Arbeit besteht. Letztlich steht die grösste Komplexitätsprämie denjenigen offen, die die meiste Zeit und Mühe aufwenden. 

Risiko im Voraus

Bei Schuldtiteln geht es in ihrem Wesen her um das Verleihen von Geld durch eine Partei an eine andere gegen eine Entschädigung, in der Regel in Form von Zinsen. Das Beste, was ein Kreditgeber jemals zurückbekommen kann, ist Kapital plus Zinsen. 

Die laufende Verwaltung von Krediten geht mit einer gewissen Komplexitätsprämie einher, was insbesondere für stärker strukturierte Vermögenswerte gilt. Man könnte die Komplexitätsprämie als Entschädigung für den Aufwand bei der Verwaltung der Kredite verstehen. Das Kreditmanagement ist jedoch nicht auf dieselbe Weise wertschöpfend wie beispielsweise die Verwaltung von Private Equity. Im Private Equity-Bereich findet die Entwicklung eines Portfoliounternehmens während der gesamten Laufzeit der Investition statt, unter anderem durch Fähigkeiten wie Turnaround-Expertise oder die Beaufsichtigung der Entwicklung.

Bei Krediten findet ein erheblicher Teil der Komplexitätsprämie im Voraus statt. Sie kann aus der Strukturierung und Abwicklung des Darlehens in Form einer Vorleistung stammen, die einen kleineren Teil der Marge (der Rest der Marge aus Risiko- und Marktprämien) umfasst.

Die Komplexitätsprämie wird erhöht, wenn erhebliche Fähigkeiten für die Beschaffung, Auswahl, Strukturierung und Ausführung eines Darlehens erforderlich sind. Die Fähigkeit, Risiken und Preise einzuschätzen, ist eine wichtige Grundkompetenz. Dazu gehört eine genaue Kenntnis der Branche und der kommerziellen Katalysatoren von Cashflows oder der Realisation von Vermögenswerten oder beidem, wenn beides wichtig ist.  

Es gibt mehrere Möglichkeiten, um auf Kredite zuzugreifen, und die Komplexitätsfaktoren variieren je nach dem gewählten Pfad. Die beiden Hauptwege sind jedoch die direkte Kreditvergabe und syndizierte Kreditmärkte (Broadly Syndicated Loan, BSL).

Komplexitätsprämie bei Direktkrediten

Direkte Kreditgeber sind Kreditgeber, welche die von ihnen aufgenommenen Kredite vergeben und halten. 

Direktkredite

Die Beschaffung und Strukturierung von Krediten dauert wesentlich länger als die Teilnahme an einem Konsortialkredit. Tatsächlich dauert die Vergabe eines Direktkredits ähnlich lange wie die Vergabe eines Darlehens zum Vertrieb auf den syndizierten Kreditmärkten.  

Die Strike-Rate (Erfolgsquote) der Direktkreditvergabe ist im Vergleich zur Teilnahme an syndizierten Kreditmärkten relativ niedrig – auch wenn der Spread dadurch in der Regel hoch ist –, da die Beschaffung und Durchführung der richtigen Transaktion Zeit in Anspruch nimmt. Dies ist insbesondere bei Akquisitionsfinanzierungen der Fall, bei denen der zu finanzierende Vermögenswert Gegenstand eines Wettbewerbs („Competitive Play“) sein kann. 

Ein Wettbewerb findet statt, wenn ein Vermögenswert gehandelt oder in einer Ausschreibung geboten wird. Die Finanzierungsparteien können mehrere Bieter unterstützen. Zweifellos übt der Wettbewerb Druck auf die Kreditgeber aus, die Rendite zu maximieren. Auf dem syndizierten Kreditmarkt ist die Transaktion bereits vereinbart und gewonnen, sodass der Wettbewerb hier kein Faktor ist.

Als Kreditgeber hängt Ihre Fähigkeit zur Ausführung direkt davon ab, wie aggressiv Ihr Bieter oder Sponsor ist. In vielen Fällen hängt dies davon ab, wie viel Hebelwirkung der Vermögenswert aushalten kann oder Sie bereit sind, auszuhalten. 

Die Balance muss sorgfältig gewählt werden, um sicherzustellen, dass Risiko und Rendite für alle Parteien akzeptabel sind. Es ist besser, die Ausschreibung zu verlieren, als mit einem übermässig aggressiven Gebot zu gewinnen und das Kapital zu verlieren.

Syndizierte Kreditmärkte

Auf den syndizierten Kreditmärkten gehören die wichtigsten Akteure einer von drei Kategorien ein:

  1. Kreditnehmer (und ihre Berater)
  2. Zeichner 
  3. Teilnehmer

Zeichner

Zeichner können einen Kredit aufnehmen und strukturieren. Dann können sie ihn entweder verkaufen (bezeichnet als Underwriting oder Vertrieb) oder ihn halten („take and hold“). Vielleicht entscheiden sie sich auch für eine Kombination aus beidem.  

Der Originator der Transaktion hat das Risiko bewertet und das Darlehen auf der Grundlage aller Faktoren strukturiert, die sich auf die Fähigkeit zur Rückzahlung von Kapital und Zinsen auswirken könnten. Beim Underwriting hat der Originator die Grösse und Kapazität des Kreditmarkts bewertet und den Kredit dann in kleineren Paketen an die Endteilnehmer verkauft.  

Der Teilnehmer hat das Kreditpaket und die Informationen bewertet, geprüft, ob es seiner Risikobereitschaft auf der Grundlage des angebotenen Preises entspricht, und dann eine Zuteilung gezeichnet.

Die Underwriter werden für die Zeit und Energie bezahlt, die für die Erzielung eines Ergebnisses für beide Kreditnehmer aufgewendet wurden, und die letztliche Kreditgebergruppe wird für das in ihren Bilanzen eingegangene Risiko bezahlt. Dabei kann es sich um eine Kombination aus Kredit-, Markt-, Branchenrisiko sowie Illiquidität und Komplexitätsprämien handeln.  

Warum nutzt ein Kreditnehmer einen Underwriter? 

Kreditnehmer legen Wert auf den Umgang mit einem oder einigen wenigen Geldgebern. Aus diesem Grund spricht man von einem angemessenen „Ergebnis“ und nicht nur von einem Kredit. Für den Kreditnehmer ist die Finanzierung eine Sache, aber Kreditnehmer zahlen mehr – eine Komplexitätsprämie – für einen optimierten Prozess. Das ist nicht nur Bequemlichkeit, es kann auch bedeuten, dass weniger Zeit und Mühe für einen Teil ihrer Kapitalstruktur aufgewendet werden.

Die Underwriter werden für das Risiko in Form von Zeichnungsgebühren und einer Marge für das Darlehen entschädigt, wenn sie die Darlehen während der Inanspruchnahme halten (ein finanziertes Underwriting). Die Underwriter kassieren („skim“) einen Teil der Underwriting-Gebühren und geben einen kleineren Prozentsatz (die Vorschussgebühr oder Beteiligungsgebühr) an die Endkreditgeber weiter, die bei ihrer Zeichnung Margin- und andere Gebühren ab dem Zeitpunkt erhalten, an dem das Risiko auf sie übergeht.

Die Komplexitätsprämie für einen Underwriter ist einfach der Wert der kassierten Gebühren, die ihm bei einer erfolgreichen Syndizierung zustehen, also erhaltene Gebühren abzüglich gezahlter. Bei einem Wettbewerb könnte der Underwriter erhebliche Arbeit für ein erfolgloses Ergebnis aufwenden. Eine gewonnene Transaktion sollte ihn also auch für frühere Arbeit an erfolglosen Geboten entschädigen. 

Welche Fachkompetenzen brauchen die Teilnehmer?

Warum also kann es sein, dass zwei Inhaber von Krediten derselben Klasse eines breit syndizierten Kredits nicht die gleiche Rendite erzielen? Das hängt davon ab, ob Sie ein Underwriter sind, der ein Risiko eingeht. In diesem Fall ist in Ihrer Komplexitätsprämie das von Ihnen eingegangene Syndizierungsrisiko (und, wie oben beschrieben, Ihre unter Umständen nicht erfolgreichen Transaktionen) berücksichtigt. Die Komplexitätsprämie für die Teilnehmer hingegen ist naturgemäss geringer, da die Möglichkeit, Geld einzusetzen, mit viel grösserer Sicherheit besteht – sie aber dennoch vorhanden ist. 

Für die Teilnehmer liefern eine Reihe von Faktoren, die sich auf das Halten und die Verwaltung des Kreditinstruments beziehen, eine Rendite, die über die Risikoprämie hinausgeht.

Dabei wird insbesondere berücksichtigt, was passiert, wenn etwas schiefgeht. Hier kommt das Crossover mit der Illiquiditätsprämie ins Spiel. Bei der Kreditbewertung achtet der Kreditgeber auf die Ausfallwahrscheinlichkeit, die strukturellen Abhilfen, die den Kreditgebern im Fall eines Zahlungsausfalls zur Verfügung stehen, und ob die Marge ausreicht, um dieses Risiko zu kompensieren. Wichtig ist auch, dass sie das eingegangene Risiko im Verhältnis zu dem voraussichtlich aufgewendeten Aufwand für die Rückgewinnung von Kapital im Fall eines Zahlungsausfalls bewerten müssen.  

Bei diesem letzten Punkt ist die Marktliquidität relevant: Wenn ein Unternehmen Anzeichen von Stress zeigt, haben einige private Kreditmärkte tiefe und liquide Sekundärmärkte, auf denen Teilnehmer Kredite handeln können, insbesondere notleidende Kredite. Kurz gesagt: Wenn ein Teilnehmer die Sache fallen lassen kann („dump and run“), wenn etwas schiefgeht, wird er im Gegenzug wahrscheinlich eine geringere Komplexitätsprämie erwarten.

In stark illiquiden Märkten, wie den australischen Kreditmärkten, ist die Illiquiditätsprämie wichtiger. Komplexität tritt eher in (zugegebenermassen seltenen) Notlagen auf, da Kreditgeber oft kaum eine andere Möglichkeit haben, als die Ärmel hochzukrempeln.  

Zeit, Energie und Erfahrung

Letztlich sind es die Zeit, Energie und Erfahrung, die für eine erfolgreiche Gelegenheit aufgewendet werden, unabhängig von dem privaten Schuldtitel, für die eine Komplexitätsprämie entschädigen. Während die Komplexitätsprämie – welche über die Illiquiditätsprämie hinausgeht – am besten durch direkte Kreditvergabe und durch Underwriter erzielt werden kann, können Anleger in syndizierten Kreditmärkten je nach Sektor, Struktur und Geografie unterschiedliche Komplexitätsprämien erzielen.

 

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