28MRZ 2023
Q&A: Wie sich die bevorstehenden turbulenten Monate bewältigen lassen

Q&A: Wie sich die bevorstehenden turbulenten Monate bewältigen lassen
Warum waren die Finanzmärkte in letzter Zeit besonders volatil?
Keith Wade, Chefökonom & Stratege: „Dieses Jahr läutete das Ende einer langen Ära niedriger Zinsen ein. Eine Reihe von Faktoren hat in letzter Zeit zu einem Anstieg der Inflation geführt – nicht zuletzt Russlands Invasion in der Ukraine und Chinas Covid-19-Lockdowns. In Grossbritannien erhielt das Thema Inflation unlängst grosse Aufmerksamkeit, aber auch in anderen Ländern ist sie ein Problem.
Das wichtigste einer hohen Inflation ist, dass sie ein Indikator einer darauffolgenden Rezession ist. Sie übt Druck auf die Haushaltseinkommen aus und wird in der Regel auch von einer strafferen Geldpolitik der Zentralbanken gefolgt. Dadurch wird die Kreditaufnahme teurer, was sich wiederum dämpfend auf das Wirtschaftswachstum auswirkt.
Es kam noch nie zu einem Rückgang der Inflation von solchen Niveaus ohne einen Rückgang des BIP von 2 % bis 3 %.
In bestimmten Bereichen gibt es Anzeichen dafür, dass die Inflation nachlässt. Beispielsweise haben die Energie- und Lebensmittelpreise ihre Höchststände verlassen, während sich die Staus in den chinesischen Häfen auflösen, was Logistikengpässe verringern dürfte.
Aber die Inflation im Dienstleistungssektor steigt immer noch und die Arbeitsmärkte bleiben sehr stark, insbesondere in den USA und Grossbritannien. Dies ist zum Teil auf eine geringere Erwerbsbeteiligung als vor der Pandemie zurückzuführen, auf die Frühverrentung von Menschen im erwerbsfähigen Alter und eine höhere Zahl von Langzeitkranken.
Wir glauben, dass die US-Notenbank Fed ihren Zinserhöhungszyklus wahrscheinlich erst dann unterbrechen wird, wenn es Anzeichen für eine Verlangsamung am Arbeitsmarkt gibt. Dies könnte recht bald der Fall sein. Wir prognostizieren, dass die US-Zinsen bis zum Jahresende 4,25 % erreichen werden, bevor eine Pause eingelegt wird, um die Auswirkungen zu beobachten.
Die gute Nachricht ist: An den Märkten geht man davon aus, dass es der Fed gelingen wird, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. Die langfristigen Inflationserwartungen liegen stabil unter 3 %. Dies sollte bedeuten, dass die Lohnforderungen nachlassen, da die Menschen nicht mit einer längerfristig hohen Inflation rechnen.
Unterdessen waren die letzten Wochen im Anschluss an das Mini-Budget vom 23. September in Grossbritannien besonders volatil. Die angekündigten fiskalischen Massnahmen wären bis 2026/27 ca. 12 % des britischen BIP wert gewesen. Das ist eine hübsche Stange Geld. Die Bekanntmachung enthielt indes kaum Informationen darüber, woher dieser Betrag kommen sollte, was einen Abverkauf britischer Staatsanleihen zur Folge hatte. Einige dieser Massnahmen wurden nun gestrichen, und ein neuer Schatzkanzler hat das Amt übernommen.
Eine weitere Reaktion der Märkte auf das Mini-Budget war der Rückgang des Pfunds, was wiederum die Inflation weiter anheizt, weil Rohstoffe wie Öl in US-Dollar gehandelt werden.
All dies bedeutet, dass die Zinssätze in den USA, Europa und Grossbritannien voraussichtlich weiter steigen werden. Unsere Zinsprognosen für Grossbritannien sind unterdessen vielleicht nicht so hoch wie die Markterwartungen (siehe Grafik), denn ein Teil der Arbeit zur Verlangsamung der Wirtschaft wurde bereits vom britischen Hypothekenmarkt geleistet, wo die Zinsen bereits rapide gestiegen sind.“
Wie hat sich dies auf die Kredit- und Aktienmärkte ausgewirkt?
Dazu Julien Houdain, Leiter Credit Europe: „Der Inflationsschub hat sich offensichtlich erheblich auf die Zinserwartungen ausgewirkt. Zu Beginn des Jahres rechneten die Märkte mit einem Anstieg der US-Zinsen um 1 % oder 1,5 %. Inzwischen ist eher ein Zinsniveau von 4,5 % oder 5 % zu erwarten.
Die US-Inflation ist derzeit sicherlich der wichtigste Datenpunkt, der die Märkte antreibt, da sie die voraussichtliche Entwicklung der Zinsen andeutet. Die USA haben kürzlich ihre neuesten VPI-Inflationsdaten veröffentlicht, die mit 8,2 % weiterhin erhöht sind und die Preisentwicklung für den nächsten Monat vorantreiben werden.
Wir haben gesehen, wie die Kreditmärkte von April bis Juni dieses Jahres sehr schnell auf die Aussicht auf restriktive Zentralbanken reagierten, wobei die Kreditaufschläge stark stiegen (und die Anleihekurse in der Folge fielen). Inzwischen holt der Rest des Marktes einfach auf.“
Alex Tedder, Leiter Global & Thematic Equities: „Das bisherige Geschehen an den Aktienmärkten deutet darauf hin, dass wir uns in einem Bärenmarkt befinden und wahrscheinlich etwa drei Viertel des Weges hinter uns haben. Die Märkte haben abgewertet, aber die Gewinnerwartungen der Unternehmen müssen noch sinken.
Die Abwertung erfolgte, weil die zukünftigen Cashflows der Unternehmen bei höheren Zinssätzen weniger wert sind. Aber die Aussicht auf eine Rezession ist noch nicht vollständig in den Markterwartungen für die Unternehmensgewinne eingepreist.
Wir stehen erst am Anfang der Unternehmensberichtssaison für das dritte Quartal, also wird es noch zu Herabstufungen kommen. Für das Jahr 2023 sind die Gewinnerwartungen sicherlich viel zu hoch. Sie müssen noch ein ganzes Stück herabkorrigiert werden, bevor wir an den Märkten die Talsohle erreichen.“
Wie sollen sich Multi-Asset-Anleger positionieren?
Remi Olu-Pitan, Leiterin Multi-Asset Growth & Income: „Weder Anleihen noch Aktien waren dieses Jahr attraktive Optionen. Für einen Multi-Asset-Anleger war Bargeld der richtige Ort und Geduld das wichtigste Attribut. Selbst Rohstoffe boten in letzter Zeit keine Option; eine Inflation stützt zwar Rohstoffe, diese aber kommen in Rezessionen aufgrund der sinkenden Nachfrage nicht gut weg.
Auch hier dreht sich alles um die US-Inflation. Wir müssen wissen, wann wir Stabilität an der Zinsfront erreichen werden. Und das wird uns helfen festzustellen, ob Aktien einen billigen Eindruck machen.“
Wie können sich Anleger in diesem Umfeld positionieren?
Julien Houdain: „Die gute Nachricht ist, dass Anleihen eine attraktive Vergütung bieten. Kredittitel waren selten so günstig, und die Gelegenheit dazu besteht seit Juni, da die Anlageklasse diese Verlangsamung vor anderen Anlageklassen eingepreist hat.
Bei festverzinslichen Anlagen geht es darum, sein Geld zurückzubekommen und nebenbei den Kupon zu erhalten. Die Renditen bieten derzeit einen guten Anlegerschutz. Es ist möglich, ein diversifiziertes Portfolio mit einem durchschnittlichen Investment-Grade-Rating und einer Rendite von fast 8 % aufzubauen. Und das bei einem Fonds mit täglicher Liquidität.
Allerdings ist es nach wie vor wichtig, selektiv vorzugehen und den Unterschied zwischen zyklischen und strukturellen Auswirkungen zu verstehen. Bestimmte Unternehmen, beispielsweise im Telekommunikationssektor, haben ein hohes Mass an Verschuldung aufgebaut, was in einem Niedrigzinsumfeld nicht als Problem wahrgenommen wurde. Telekommunikation wird oft als defensiver Sektor angesehen, aber für einige Unternehmen in diesem Sektor wird dies nicht der Fall sein, wenn sie diese Schulden zu einem Zinssatz von 5 % refinanzieren müssen – verglichen mit dem wesentlich niedrigeren Niveau, das in den letzten zehn Jahren vorherrschte. Das ist eine strukturelle Auswirkung.“
Alex Tedder: „Bei Aktien ist Qualität im aktuellen Umfeld entscheidend. Unternehmen mit guten Cashflows, soliden Geschäftsmodellen und der Fähigkeit, die Preise zu erhöhen, um die Inflation auszugleichen, werden am besten abschneiden.“
Remi Olu-Pitan: „Aus Multi-Asset-Perspektive denke ich, dass wir die erste Phase dieses Marktneustarts hinter uns haben, in der es nur um Bargeld ging. Das war eine ‚Makro‘-Phase.
Wir werden jetzt in die zweite Phase eintreten, die eher ‚Mikro‘ sein wird. Es wird darum gehen, diejenigen Unternehmen zu identifizieren, die Gewinne liefern und Zahlungsausfälle vermeiden können. Diese Phase bietet möglicherweise auch einen guten Einstiegspunkt in Rohstoffe für Anleger, die noch kein Engagement haben.
Für Anleger war die erste Phase ein schwieriges Umfeld, aber die zweite Phase könnte ziemlich gut werden.“
Wie sieht es mit den Chancen für 2023 aus?
Alex Tedder: „Es gibt nach wie vor langfristige strukturelle Anlagemöglichkeiten in Märkten, die sich durch die aktuellen Turbulenzen nicht verändert haben. Tatsächlich sind sie dringlicher geworden, wie wir in Bezug auf die Relevanz von Sicherheit sehen können – sei es bei Energie, Lebensmitteln oder im Cyberbereich. Anlagethemen wie die Energiewende werden immer wichtiger.
Aber speziell für das nächste Jahr würde ich Japan hervorheben. Der schwache Yen und die niedrige Inflation haben die Wirtschaft sehr wettbewerbsfähig gemacht.
Und in Bezug auf die Sektoren sehen Banken attraktiv aus. Die steigende Zinsdynamik ist für sie positiv, da sie Kredite neu bepreisen können. Es gibt einige idiosynkratische Probleme im europäischen Investmentbanking, aber normale europäische Privatkundenbanken werden heute viel konservativer geführt als vor 2008 und erscheinen uns attraktiv.“
Julien Houdain: „Auch aus Kreditperspektive spricht vieles für europäische Banken. Auf Sektorebene haben sie bereits grössere Krisen hinter sich. Diejenigen, die übrig geblieben sind, sind folglich widerstandsfähiger. Darüber hinaus hat die Europäische Zentralbank Massnahmen ergriffen, um potenzielle Probleme einzudämmen – wie ihren Plan zur Unterstützung der Peripherieländer – und die Finanzstabilität zu gewährleisten.“
Remi Olu-Pitan: „Ich denke immer noch, dass Geduld am wichtigsten sein wird, aber es ist sicherlich wahr, dass sich die Bewertungen verbessert haben. Anleger können ihre Portfolios langsam wieder aufstocken und von diesen Bewertungen profitieren, angefangen mit Unternehmensanleihen, gefolgt von Aktien.“
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