Die Komplexitätsprämie bei Immobilienanleihen

Der Rückzug der Banken aus den Immobilienanleihemärkten hat die Attraktivität für Anleger*innen erhöht, die sowohl von einer Illiquiditätsprämie als auch von der weniger bekannten Komplexitätsprämie profitieren können.

30.07.2021
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Authors

Natalie Howard

Banken ziehen sich seit über einem Jahrzehnt aufgrund regulatorischer Änderungen aus der Immobilienkreditvergabe zurück. Dadurch steht alternativen Kreditgebern, Versicherern und großen Vermögensverwaltern der riesige Markt für gewerbliche Immobilienanleihen offen.

In Kontinentaleuropa beträgt der gesamte Markt rund 1 Bio. Euro, während er in Großbritannien etwa 200 Mrd. Pfund Sterling ausmacht, wovon ein steigender Anteil inzwischen Investitionen von Nichtbanken benötigt. Wir glauben, dass Covid-19 den Rückzug der Banken noch beschleunigen und weitere Möglichkeiten eröffnen wird.

Wie groß kann der Markt werden? In Großbritannien macht die Kreditvergabe durch Nichtbanken mittlerweile fast 27 % (54 Mrd. Pfund Sterling) des Markts für gewerbliche Immobilienanleihen aus. In Europa ist der Anteil deutlich niedriger: Hier macht das Kreditgeschäft mit Nichtbanken weniger als 6 % des Gesamtmarkts aus (72 Mrd. Euro) aus. In den nächsten zehn Jahren wird jedoch erwartet, dass beide Märkte wachsen und das Niveau in den USA erreichen werden, wo die alternative Kreditvergabe etwa 4,8 Bio. US-Dollar bzw. 40 % des Markts für gewerbliche Immobilienanleihen von 12 Bio. US-Dollar ausmacht.

Gleichzeitig führt die bekannte Geschichte von niedrigen Zinsen und hohen Bewertungen an den Aktienmärkten dazu, dass Investierende ihre Risikopositionen und Renditen dringender als je zuvor diversifizieren wollen. Wie bei anderen Private Assets auch können gewerbliche Immobilienanleihen gegenüber vergleichbaren Unternehmensinstrumenten einen Renditevorteil bieten, und das Interesse der Anleger*innen steigt zunehmend.

Im Folgenden analysieren wir die Katalysatoren dieser Überschussrendite. Wir unterscheiden dabei zwischen der sogenannten Illiquiditätsprämie und den Renditen, die von speziellen Fähigkeiten abhängen – von uns als „Komplexitätsprämie“ bezeichnet.

Eine Analyse der Renditeerwartungen

Bei gewerblichen Immobilienanleihen muss sich das Team in erster Linie darauf konzentrieren, das geringste Risiko für die verfügbare Rendite einzugehen. Obwohl sie auf der Gesamtrisikokurve eine niedrige Position einnehmen, weisen Anleihen das größte Verlustrisiko ohne das mit Aktien verbundene Gewinnpotenzial auf. Dies wird dadurch ausgeglichen, dass Immobilienanleihen zuverlässige Cashflows und eine bestimmte Tilgungsrate, wie auch bei anderen Anleihen üblich, sowie eine zusätzliche Rendite bieten.

Illiquidität und mehr

Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer, die keinen Zugang zu öffentlichen Märkten haben, zahlen eine Prämie für die Finanzierung. Mit IG-Immobilienanleihen können Anlegerinnen und Anleger gegenüber IG-Anleihen um rund 100 bis 150 Basispunkte höhere Renditen erzielen, ohne zusätzliche Risiken im Portfolio einzugehen (wobei sie natürlich die geringere Liquidität in Kauf nehmen). Diese Prämie wird als Illiquiditätsprämie bezeichnet, da sie mit liquiderten Instrumenten vergleichbar ist. Der Markt für gewerbliche Immobilienanleihen ist nach wie vor ein „Kreditgebermarkt“ und weist als solcher keinen Abwärtsdruck auf die Margen, keine Risikoerhöhung oder einen Rückgang bei „Full Covenant“-Paketen mit den kreditgeberfreundlichsten Konditionen auf. Dies ist auf das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage und die bereits erwähnte „Finanzierungslücke“ zurückzuführen.

Konstante Prämie gegenüber IG-Unternehmensanleihen mit

 

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Quelle Schroders. ReD: Real Estate Debt (Immobilienanleihen)

Innerhalb der Private Assets sind gewerbliche Immobilienanleihen eine der größten und zugänglichsten Anleiheklassen. Sie bieten Investierenden ein breites Risiko-Rendite-Spektrum, das ihren jeweiligen Anlagebedürfnissen gerecht wird. Dies bedeutet, dass Anleger ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Festlegung und Kontrolle von Risiken und Laufzeiten der Anlage haben.

Anleger können das Risiko reduzieren, indem sie das Kapital von Immobilienaktien zu Immobilienanleihen verschieben. Bei Immobilienanleihen können Anleger das Risiko weiter anpassen, indem sie hochverzinsliche gewerbliche Immobilienanleihen, vorrangige Kredite oder IG-Anleihen je nach ihren Anforderungen einsetzen. Gewerbliche Immobilienanleihen können außerdem variabel – um eine natürliche Absicherung gegen steigende Zinsen und Inflation zu bieten – oder festverzinslich sein und in einem Liability-Matching-Portfolio eingesetzt werden.

Durch Flexibilität wird die Illiquidität weniger relevant, da Liquidität im Grunde nur dann eine Herausforderung darstellt, wenn sie schwankt. Wenn ein(e) Anleger*in das Liquiditätsprofil seines/ihres Portfolios mit Private Assets angepasst hat, sollte es weniger stark schwanken als bei liquiden Märkten.

Komplexitätsprämie bei gewerblichen Immobilienanleihen

Die fehlende Transparenz innerhalb des europäischen Immobilienanleihemarkts und hohe Eintrittsbarrieren tragen zu einer Prämie bei, die über die Illiquidität hinausgeht. Obwohl gewerbliche IG-Immobilienanleihen von einer höheren Illiquiditätsprämie profitieren, bieten vorrangige Kredite und Hochzinsanleihen aufgrund der zusätzlichen Komplexität höhere Renditen.

Erfahrene Teams können über langjährig etablierte Netzwerke Zugang zum Markt bieten und dabei durch ihr Know-how rund um Strukturierung und vor allem Immobilien die komplexen Verlustrisiken steuern, die Immobilienanleihen mit sich bringen können. Die Finanzierung von Übergangs- oder Entwicklungsanlagen erfordert ein tiefes Verständnis dafür, wie Bau-, Vermietungs- und Kreditnehmerrisiken gemindert werden können, sowie die Antizipation potenzieller Ereignisse, die eventuell zu Verlusten führen.

Spezifisch für Immobilienanleihen sind auch wesentliche Änderungen bei der ESG-Offenlegung (Umwelt, Soziales und Governance), wie beispielsweise Energielabels und -Zertifikate. Dies ermöglicht eine größere Messbarkeit der Wirkung und die Verfolgung sehr spezifischer ESG-Ziele. Die britische Regierung hat sich bis 2030 zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um 68 % verpflichtet. Die Branche weiß, dass 42 % des CO2-Fußabdrucks von Großbritannien auf die bebaute Umwelt zurückzuführen und 75 % des Gebäudebestands energieineffizient sind.

Dennoch beliefen sich die 2020 vergebenen grünen oder nachhaltigen Immobilienkredite weltweit auf nur 14,1 Mrd. US-Dollar. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zum Klimawandel ergab, dass sich bei 40 % der größten europäischen Banken immer noch nichts geändert hat und sich nur 15 % als klimabezogene Risikomanager identifizierten. Ein nachhaltiges Investitionsprogramm wird bessere Mieter anziehen und die Wertentwicklung steigern. Dies wiederum kann langfristig zu höheren Erträgen und spürbaren positiven Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften, die Umwelt und die Gesellschaft insgesamt führen.

Dies sind nur einige wenige Aspekte der Rendite von Immobilienanleihen, die unserer Ansicht nach eher der Komplexitätsprämie als der Illiquidität zuzuschreiben sind. Obwohl Liquidität bei Immobilienanleihen – wie bei jeder Anlage – immer noch wichtig ist, glauben wir, dass Anlegerinnen und Anleger von einem genaueren Verständnis der Renditetreiber von Private Assets profitieren werden.

 

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