29MRZ 2023
Ausblick für 2023: Globale und thematische Aktien

Ausblick für 2023: Globale und thematische Aktien
Das Jahr 2022 begann mit einem Krieg in Europa, und die meisten Marktteilnehmer würden dies lieber vergessen.
Putins Einmarsch in die Ukraine verursachte einen gewaltigen Kostenanstieg für Energie und Lebensmittel. Das geschah, als die Lieferkettenengpässe nach der Pandemie bereits einen erheblichen Druck auf die weltweiten Preise ausübten. Die Währungshüter, deren Aufgabe es meist ist, die Teuerungsrate in Schach zu halten, sahen sich mit einem ungezügelten Kosten- und Preiszuwachs konfrontiert.
Ebenso – und dies ist ungewöhnlich – mussten sie sich einer wenig beneidenswerten Aufgabe stellen: trotz äusserst niedriger Arbeitslosigkeit das Lohnwachstum in den meisten grossen Volkswirtschaften einzudämmen. Der Spielraum für Fehler war und ist gross.
Keine Rückkehr in die 1970er-Jahre, selbst wenn es manche befürchten
Die Gesamtinflation vieler Länder ist zum Zeitpunkt, als dieser Artikel verfasst wurde, immer noch hoch oder steigt an. Die Befürchtungen sind gerechtfertigt, dass die Massnahmen der Zentralbanken nicht ausreichen, um den Forderungen nach Lohnsteigerungen entgegenzuwirken. Eine Rückkehr zur Stagflation (stagnierendes Wachstum / hohe Inflation) ist in aller Munde.
Der Preisschock von 2022 ist in gewisser Weise mit dieser Ära vergleichbar. Gleichzeitig ist allerdings festzustellen, dass die zugrunde liegende Inflation (häufig als „Kerninflation“ bezeichnet) sich bereits abschwächt. Diese Entwicklung dürfte sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Die Lage der Lieferketten entspannt sich, Kreditkosten steigen, Einkommen der Verbraucher fallen und Immobilienpreise sinken, wodurch sich die Weltwirtschaft abkühlt und die Nachfrage abnimmt.
In Anbetracht dieser Tatsache könnten auch die Lohnforderungen zurückgehen. Zahlreiche Beobachter weisen auf den kontinuierlichen Mangel an Arbeitskräften in vielen Ländern und die rasche Zunahme von Streiks als Gründe hin, um der Lohninflation mit Vorsicht zu begegnen. Infolge der Konjunkturflaute gehen wir allerdings von einer besseren Arbeitsflexibilität aus. Unternehmen werden zweifellos Neueinstellungen verschieben und Stellen abbauen. Dieser Trend zeichnet sich bereits spürbar im Technologiesektor ab. Die Rhetorik des Managements hat hier plötzlich die wirtschaftliche Realität eingeholt.
Es ist ausserdem möglich, dass sich die Erwerbsquote erholt, die aktuell auf dem tiefsten Stand liegt. Viele über 50-Jährige entscheiden sich erneut, an den Arbeitsmarkt zurückzukehren.
In Anbetracht der jüngsten Fortschritte dürfte es schliesslich wahrscheinlich sein, dass Arbeitskräfte durch die Automatisierung rascher ersetzt werden.
Insgesamt betrachtet dürfte es nicht zu einer Massenarbeitslosigkeit kommen. Es ist aber durchaus möglich, dass ein Anstieg der offenen Stellen und eine moderate Zunahme der Erwerbstätigen die künftigen Lohnkosten deckeln.
Angst vor einer tiefen Rezession möglicherweise unbegründet
Ein anhaltender konjunktureller Einbruch ist angesichts des oben Gesagten unvermeidbar, aber die Furcht vor einer tiefen Rezession könnte zumindest in einigen Ländern unbegründet sein. Verbraucher sind wegen der sehr niedrigen Arbeitslosigkeit in der Lage, die höheren Kosten zu verkraften. Die Bezuschussung der Energierechnungen seitens des Staates federn die Auswirkungen ausserdem ab. Auffallend ist, dass Privathaushalte während der Pandemie Ersparnisse aufgebaut haben. Für viele Verbraucher ist dies ein Puffer, der selbstverständlich für die ärmsten Einkommensgruppen nicht ausreicht.
Ähnlich verhält es sich bei Unternehmen, deren Fremdverschuldung relativ niedrig und von überdurchschnittlich langer Dauer ist.
Was können wir daraus ableiten? Die wesentlichen wirtschaftlichen Herausforderungen bleiben bestehen, die Inflation ist eventuell weniger hartnäckig und der Konjunkturabschwung nicht so gravierend, wie von vielen erwartet. Dies dürfte am ehesten auf die USA zutreffen, die praktisch energieautark sind und davon profitieren, dass fast alle wichtigen Rohstoffe in US-Dollar notiert werden, und eine positive Einwanderung aufweisen. Differenzierter verhält es sich in Europa einschliesslich Grossbritannien.
Gewinnrückgang
Es sei dahingestellt, ob es zu einer Rezession kommt oder nicht: Die Gewinnprognosen müssen nach unten korrigiert werden. Interessant am aktuellen Marktzyklus ist, dass einerseits die Aktienkurse eingebrochen sind, aber andererseits die Gewinne bisher meist bemerkenswert robust waren. Der Grund dafür ist die Preisgestaltung.
Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks konnten problemlos Preiserhöhungen durchsetzen. Hierzu einige Beispiele im Vergleich: Pepsi verzeichnete im dritten Quartal ein Plus von 17 %. Louis Vuitton und Nestlé führten zweistellige Preiserhöhungen ohne unmittelbare Auswirkungen auf die Absatzmengen durch.
Verbraucher sind offenbar bereit, für Premiumprodukte zu bezahlen, weshalb sich in diesen speziellen Fällen die Einnahmen durchaus halten können. Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, bis sich das Zünglein an der Waage nach unten neigt und die Nachfrage sinkt.
Frühindikatoren von Amazon und Target in den USA sowie M&S, H&M und Primark in Europa zeigen bereits, dass Verbraucher den Gürtel enger schnallen.
Einnahmen und Margen (ausser Energieunternehmen) dürften 2023 sinken. Dadurch entsteht ein regelrechter Zyklus der Gewinnherabstufungen, der noch vollständig zu berücksichtigen ist.
Nach den obigen Ausführungen mag es schwer erscheinen, den Boden zu finden, aber wir sind der Ansicht, dass der derzeitige Bärenmarkt fast vorbei ist. Ein Vorbehalt ist jedoch anzumerken: Wertschwankungen dürften noch einige Zeit hoch bleiben.
Die Konsensprognose der S&P 500-Gewinne pro Aktie von 225 und 235 US-Dollar ist nach wie vor hoch. Nach unserer Einschätzung wird sie in den kommenden Monaten voraussichtlich stetig nach unten korrigiert werden. Die Talsohle dürfte im dritten Quartal 2023 erreicht werden.
Die Börsen haben den Blick aber stets in die Zukunft gerichtet. Ein Gewinneinbruch wird gewöhnlich sechs bis neun Monate im Voraus eingepreist. Die jüngste Kurserholung – der Dow-Index verzeichnete im Oktober beispielsweise seinen besten Monat seit 1976 – der globalen Aktienmärkte fundiert auf Logik, obwohl wir die kürzliche Rallye für einen Fehlstart halten.
Vorübergehend könnte es zu weiteren Enttäuschungen kommen, da der Rentabilitätsdruck deutlicher wird.
Risiken und Renditen
Bisher haben wir die anhaltenden geopolitischen Risiken noch nicht angesprochen: die Eskalation in der Ukraine, eine mögliche weitere Senkung der Gaslieferungen Russlands nach Europa und Chinas Haltung gegenüber Taiwan. Es könnte also zu Ereignissen von grosser Tragweite kommen, die sich nicht mit Sicherheit vorhersagen lassen.
Jede dieser Entwicklungsmöglichkeiten würde die weltweiten Märkte stark beeinträchtigen. Man kann nur hoffen, dass gesunder Menschenverstand die Oberhand behält.
Ganz abgesehen davon werden die Ereignisse des vergangenen Jahres bestimmte Trends noch verstärken, die sich schon vor der aktuellen Krise abzeichneten.
Die Sicherheit, ganz gleich, ob nationale, Energie-, Lebensmittel- oder Cybersicherheit, spielt für Staaten und Unternehmen eine deutlich wichtigere Rolle als in den vergangenen zehn Jahren. Russlands Taten haben bewiesen, dass die Energieabhängigkeit von einem unberechenbaren Partner katastrophal sein kann. China dürfte auch künftig ein viel rationaler, massvollerer Akteur sein als Russland, dennoch betreibt Präsident Xi eindeutig Expansionspolitik.
Versorgungssicherheit gewährleisten
Staaten und Unternehmen haben die Ausgaben für eine bessere Versorgungssicherheit drastisch erhöht. Dies gelang auf unterschiedliche Art und Weise: Zurückholen oder Verlagerung der Produktionsstätten, Förderung neuer Produktionsmethoden von Lebensmitteln und der Schutz strategischer Branchen wie Halbleiter, Software oder Biotechnologie. Eine Art Polarisierung zwischen West und Ost scheint in diesen Geschäftsfeldern unvermeidlich.
Wir legen den Fokus auf Unternehmen, die in einem schwierigen Umfeld bei angemessenem Risikoniveau erfolgreich sind. Davon befinden sich viele in den oben beschriebenen Sektoren, deren strukturellen Wachstumsraten deutlich höher sind als früher.
Während sich der anhaltende Bärenmarkt durchsetzt, führen wir Research in mehreren Bereichen durch, die seit einiger Zeit in Ungnade gefallen sind, wie etwa Japan.
Wir schliessen mit einer erstaunlichen Enthüllung: Dank der niedrigen Lohninflation und einer äusserst wettbewerbsfähigen Währung ist es mittlerweile billiger, einen Softwareentwickler in Tokio einzustellen als in Bangalore.
Es gibt immer irgendwo auf der Welt Möglichkeiten.
Contributes to
Unstructured Learning Time

Themen:
- Perspektiven
- Aktien
- Alex Tedder
- Outlook 2023
- Ausblick
- Alpha
- Inflation
- Marktansichten
- Welt
Wichtige Informationen: Bei dieser Mitteilung handelt es sich um Marketingmaterial. Die Einschätzungen und Meinungen in diesem Dokument geben die Auffassung des Autors bzw. der Autoren auf dieser Seite wieder und stimmen nicht zwangsläufig mit Ansichten überein, die in anderen Veröffentlichungen, Strategien oder Fonds von Schroders zum Ausdruck kommen. Dieses Material dient ausschliesslich zu Informationszwecken und ist in keiner Hinsicht als Werbematerial gedacht. Das Dokument stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments dar. Es ist weder als Beratung in buchhalterischen, rechtlichen oder steuerlichen Fragen noch als Anlageempfehlung gedacht und sollte nicht für diese Zwecke genutzt werden. Die Ansichten und Informationen in diesem Dokument sollten nicht als Grundlage für einzelne Anlage- und/oder strategische Entscheidungen dienen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse. Der Wert einer Anlage kann sowohl steigen als auch fallen und ist nicht garantiert. Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden. Dazu gehört unter anderem der mögliche Verlust des investierten Kapitals. Die hierin aufgeführten Informationen gelten als zuverlässig. Schroders garantiert jedoch nicht deren Vollständigkeit oder Richtigkeit. Einige der hierin enthaltenen Informationen stammen aus externen Quellen, die von uns als zuverlässig erachtet werden. Für Fehler oder Meinungen Dritter wird keine Verantwortung übernommen. Darüber hinaus können sich diese Daten im Einklang mit den Marktbedingungen ändern. Dies schliesst jedoch keine Verpflichtung oder Haftung aus, die Schroders gegenüber seinen Kunden gemäss etwaig geltender aufsichtsrechtlicher Vorschriften wahrnimmt. Die aufgeführten Regionen/Sektoren dienen nur zur Veranschaulichung und stellen keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf dar. Die im vorliegenden Dokument geäusserten Meinungen enthalten einige Prognosen. Unseres Erachtens stützen sich unsere Erwartungen und Überzeugungen auf plausible Annahmen, die unserem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Es gibt jedoch keine Garantie, dass sich etwaige Prognosen oder Meinungen als richtig erweisen. Diese Einschätzungen oder Meinungen können sich ändern. Herausgeber dieses Dokuments: Schroder Investment Management Limited, 1 London Wall Place, London EC2Y 5AU, Grossbritannien. Registriert in England unter der Nr. 1893220. Zugelassen und beaufsichtigt durch die Financial Conduct Authority.